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Coronavirus und der digitale Wandel an Universitäten und Hochschulen

Der Coronavirus (COVID-19) hält derzeit immer noch die ganze Welt in Atem. Nicht nur Einzelhändler und lokale Geschäfte sind davon betroffen. Viele sind bereits auf Home-Office umgestiegen, doch nicht für alle Einrichtungen ist dies eine Alternative. Auch Kindertagesstätten, Schulen, Universitäten und Hochschulen haben derzeit damit zu kämpfen. Kinder, Schüler[1] und Studenten[2] müssen zu Hause bleiben. Doch wie genau handhaben Universitäten und Hochschulen zur Zeit diese Situation?

Die digitale Umstrukturierung in Bildungseinrichtungen

Dieser Frage möchten wir heute auf den Grund gehen. Wir haben namhafte Hochschulen und Universitäten in Deutschland, Österreich und Schweiz befragt. Wir wollten wissen, wie diese zur Zeit die Corona-Phase handhaben und welche Methoden und Maßnahmen zum Einsatz kommen, um den Studierenden weiterhin das Lernen zu ermöglichen und um an wichtige Informationen zu kommen. Der Hauptfokus ist die Weiterentwicklung der Digitalisierung an Universitäten und Hochschulen. Gewiss musste keine der Institutionen bei Null anfangen, da der aktuelle Stand der Technik auch an Hochschulen und Universitäten weit voran geschritten ist. Ob die Bildungseinrichtungen den digitalen Wandel erfolgreich meistern konnten und welche Hürden bevorstanden bzw. noch bevorstehen, aber auch welche Chancen sich dadurch vielleicht ergeben, erläutern wir im folgenden Artikel.

Erste Gedanken nach Bekanntgabe der Schließung von Bildungseinrichtungen

Was uns natürlich an erste Stelle interessiert, ist die Frage, welche Maßnahmen Schulen, Universitäten und Hochschulen getroffen haben. An der ETH Zürich – einer Technischen Hochschule – machte sich die Schulleitung bereits vor Bekanntgabe der Schließungen Gedanken über mögliche Lösungsansätze. Gerd Kortemeyer, Direktor im Bereich Lehrentwicklung und -technologie, war schon früh bewusst, dass der Lehrbetrieb schon bald komplett auf Online-Lösungen umgestellt werden müsse. Auch an der österreichischen Wirtschaftsuniversität Wien, erzählt uns Edeltraud Hanappi-Egger, Rektorin der Universität, dass klar war, dass „es zu keiner Schließung der Universitäten kommen wird, sondern zu einer Umwandlung des Universitätsbetriebs auf Distanzlehre und Homeoffice„. Bereits im Vorfeld seien dort entsprechende Maßnahmen getroffenen worden, um digitales arbeiten und lehren zu ermöglichen.

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Erste Schritte / pixabay

Frau Beranek, Studiendekanin an der FK11 der Hochschule München war zunächst überrascht, da die Hochschulen einen sehr viel früheren Semesterstart als die Universitäten haben und deshalb kurzfristiger von den Maßnahmen getroffen wurden. Sie wusste somit direkt, dass nun eine Menge Arbeit auf Sie und die Hochschule zukommen würde. Erste Gedanken waren praxisorientierte Seminare, sowie Studierende, die sich in einem Praktikum befinden. Da viele Unternehmen schließen mussten, sind somit auch die Studierenden betroffen. Studierende in sozialen Bereichen sind ebenfalls betroffen, da diese Einrichtungen ebenfalls geschlossen werden mussten. Da diese Praktika elementarer Bestandteil der Ausbildung an der Hochschule seien, stelle sich dies als problematisch dar. Die TU Bergakademie Freiberg zeigte ebenfalls Verständnis für diese Entscheidung. Es ginge schließlich „um den Schutz unserer Studierenden, Mitarbeiter/innen und Lehrenden und darum, die weitere Ausbreitung des neuartigen Virus zu verlangsamen“, berichtet die TU Pressesprecherin Luisa Rischer. Auch am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) stehe die Gesundheit aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Gäste und Partner sowie seiner Studierenden an erste Stelle, erklärt die stellvertretende Pressesprecherin Margarete Lehné. Das KIT startete früh mit den Maßnahmen, Lehrangebote digital vorzubereiten, damit es den Studierenden – trotz der Einschränkungen – möglich sei, im Studium weiter voranzukommen.

Welche sofortigen Maßnahmen von Bildungseinrichtungen getroffen wurde

Die TU Freiberg erklärt, dass zunächst natürlich sämtliche Einrichtungen für Veranstaltungen und Besucher geschlossen wurden. Ebenfalls wurden die Lesesäle der Bibliotheken geschlossen und ein alternativer Ausleihservice eingerichtet. Zusätzlich seien Prüfungen und Präsenzveranstaltungen bis auf Weiteres verschoben worden. Ein weiterer, wichtiger Schritt war die Aufklärung und Bekanntgabe der zukünftigen Maßnahmen an alle Mitarbeiter und Studierenden.

An nahezu allen Bildungseinrichtungen, wie Schulen, Universitäten und Hochschulen, erhält jeder Studierende nach erfolgreicher Einschreibung eine eigene Mail-Adresse. So konnte direkt nach Bekanntgabe der Schließung der Bildungseinrichtungen eine Rund-Mail an die Studierenden gesendet werden, in denen Informationen zum weiteren Verfahren und Hilfestellungen beschrieben wurden. Den Lehrenden seien direkt diverse Fortbildungsangebote zu digitalen Lehrmethoden zur Verfügung gestellt worden. An Hochschulen und Universitäten bestehen in der Regel bereits eigene E-Learning-Portale, die in Verbindung mit dem gleichnamigen Modul oder Lernfach genutzt werden. So auch an der Hochschule München. Dadurch seien viele Lehrende bereits mit den Portalen vertraut gewesen. Zusätzlich seien Informationen und Lehrmethoden an der Hochschule München durch das DIZ (Didaktikzentrum) in Bayern bereitgestellt worden.

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Digitalisierung / pixabay

An der ETH Zürich, fügt Gerd Kortemeyer an, seien direkt nach Bekanntgabe der Schließung IT-Hotlines eingerichtet worden, um allen Bedürfnissen nachkommen zu können. Zusätzlich seien die Servicezeiten bis tief in die Nacht und über das Wochenende hinweg erweitert worden. Nach dem die Schließungen durch den Bundesrat aller Hochschulen und Universitäten in Kraft trat, seien bereits die wichtigsten Maßnahmen für den digitalen Umstieg im Internet aktiv gewesen.

Das KIT habe ein umfassendes und fortlaufendes FAQ erstellt, welches die Studierenden über das Studienportal oder die zentrale Webseite erreichen können. Dort werden die drängendsten Fragen und Handlungsempfehlungen wie etwa zu Veranstaltungen beantwortet. Regelmäßige Rundmails und Informationen in den Social Media unterstützen die Kommunikation mit den Studierenden.

Digitale Maßnahmen, um den Schulbetrieb weiter führen zu können

Die Universitäten und Hochschulen berichten von diversen Maßnahmen, um den Studienbetrieb weiter führen zu können. Dies sei aber natürlich abhängig von den einzelnen Fächern und Dozenten, wie Frau Beranek berichtet. Für die Hochschule München stelle diese – gezwungenermaßen – Umstellung aber keine große Hürde dar, da E-Learning-Portale bereits länger ein fester Bestandteil der Hochschule sei. Auch an der ETH Zürich wären bereits die technischen Voraussetzungen gegeben. Auch seien mehrere SIM-Karten für die Umstellung auf Home-Office für den Support bereitgestellt und diverse Lizenzen für Online-Plattformen erworben worden. Kurze und unbürokratische Entscheidungswege – u. a. für die Mitnahme sämtlicher IT-Ausrüstungen für zu Hause – vereinfachten den Umstieg auf Home-Office für die Lehrenden und Mitarbeiter der ETH, fügt Herr Kortemeyer abschließend hinzu. Auch an der Wirtschaftsuniversität Wien sei der komplette Betrieb auf Home-Office und Distanzlehre umgestellt worden. Es seien ebenfalls im Vorfeld geeignete und rechtliche abgesicherte Software für Videokonferenzen geprüft und den Mitarbeiter/innen technische Ausstattung zur Verfügung gestellt worden. Zusätzlich müssten sämtliche Lehrveranstaltungen  – über 1700 in Zahl – neu konzipiert werden, was „durchaus ein Kraftakt war“, ergänzt Frau Hanappi-Egger.

Online-Plattformen für den Austausch

Eine in Hochschulen und Universitäten bekannte Plattform ist Moodle, welche bereits bei vielen Bildungseinrichtungen genutzt wird. Diese wird an der Hochschule München als zentrale Plattform genutzt und in seinem Funktionsumfang aufgestockt. Moodle erhielt zusätzliche Funktionen durch die Implementierung von Big Blue Button und Zoom. Über Moodle, sowie per Mail, erhalten Studierende wichtige Infos und wird auch teilweise für die Verteilung von Unterrichtsmaterialien verwendet. Des Weiteren wurden Lizenzen für Webex vom gleichnamigen Hersteller bereitgestellt, sowie Big Blue Button und Zoom. Die Hochschule München habe ebenfalls die Leistungsfähigkeit der eigenen Server erhöht, um der ansteigenden Nutzung Stand zu halten.

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Liveübertragung und Videopodcast / pixabay

Frau Beranek selbst nutzt zusätzlich gerne weitere Medien, wie Podcasts und Videos, die Sie auf der beliebten Videoplattform YouTube hochlädt und Ihren Studierenden auf Moodle zur Verfügung stellt. Diese unterstützt Sie mit Fachtexten, Diskussionsforen, Quiztools und Etherpads, auf die die Studierenden ebenfalls Zugriff durch Verlinkungen oder Implementierung auf Moodle erhalten. Zusätzlich finden regelmäßig Onlinetreffen mit den Studierenden statt. Eine Problematik hierbei ist aber, dass nicht jeder Studierende über eine entsprechende Ausstattung und stabile Internetverbindung verfügt und es so zu buffern kommen kann.

Auch Herr Kortemeyer berichtet von einer bunten Mischung an Technologielösungen. Neben der bestehenden Infrastruktur werden auch an der ETH Zürich Hörsaalübertragungen und Live-Übertragungen in Zoom veranstaltet. Herr Kortemeyer erklärt weiter, dass „Dozierende in der Physik sogar ein eigenes kleines Fernsehstudio gebastelt haben“. An der Wirtschaftsuniversität Wien hingegen wird flächendeckend Microsoft Teams und Skype for Business verwendet. Dabei unterscheidet Frau Hanappi-Egger zwischen synchroner und asynchroner Lehre, wobei letzteres bevorzugt werde. Dadurch haben die Studierenden zeit- und ortsunabhängigen Zugriff auf Vorträge und Materialien. Einige Studierenden befinden sich derzeit noch im Ausland. Bei der synchronen Lehre hingegen finden die Lehrveranstaltungen live mittels Microsoft Teams oder auch Adobe Connect statt. So können die Studierenden in Echtzeit dem Vortrag folgen und mitarbeiten.

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LEARN – E-Learning-Portal der Wirtschaftsuniversität Wien / eigener Screenshot

Zusätzlich existiert an der Wirtschaftsuniversität Wien bereits seit 2001 eine eigene E-Learning Plattform, die schon vor Coronazeiten eine der meist genutzten Plattformen weltweit sei. Frau Hanappi-Egger erklärt, dass früher bis zu 100 Zugriffe pro Sekunde verzeichnet wurden und dies inzwischen auf bis zu 700 Zugriffe anstieg. Der Traffic stieg von 136 Gigabyte auf 1.300 Gigabyte pro Tag an.

Die TU Bergakademie Freiberg habe ebenfalls in kürzester Zeit ein umfassendes E-Learning-Angebot auf die Beine gestellt. Sogar ein eigenes Videoportal sei vorhanden, auf welchem Lehrvideos bereitgestellt werden, die aktuell bis zu 6000 Aufrufe am Tag erzielen. Darauf werden sogar Liveübertragungen aus großen (wenn auch leeren) Hörsälen gestreamt. Die TU nutzt zum größten Teil die Online-Plattform für Akademisches Lehren und Lernen (OPAL). „OPAL ermöglicht zeit- und ortsunabhängiges Lernen und Arbeiten – sowohl individuell als auch in virtuellen Gruppen. In einem erweiterten Modus können auch (Selbst-)Test durchgeführt werden“, ergänzt Luisa Rischer von der TU Freiberg.

Auch das KIT habe seit einigen Jahren ein etabliertes Lernmanagementsystem (ILIAS). Das am 20.04.2020 gestartete Sommersemester sei frühzeitig vorbereitet worden, bis auf weiteres mit ausschließlich digitalen Lehrangeboten. Dazu seien auch „cloudbasierte Dienste, wie Microsoft Teams und Zoom ergänzt worden, um weitere Kommunikationskanäle zu ermöglichen“.

Wie es um den Datenschutz steht

Auch das Thema Datenschutz darf während dieser Zeit nicht ungeachtet bleiben. Speziell bei den soeben erwähnten Anwendungen seien die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen gegeben, die erfüllt werden müssten und von dem Datenschutzbeauftragten und der zentralen IT geprüft sowie umgesetzt wurden. Schließlich werden u. a. persönliche Daten über das Internet und die Lern-Portale übertragen. Die meisten Systeme laufen aber auf den Campus eigenen Systemen, wodurch die IT-Beauftragten der jeweiligen Bildungseinrichtung die volle Kontrolle haben. Für externe Module oder Online-Portale, wie bspw. Zoom hat die ETH Zürich eigene umfangreiche Studien durchgeführt und darin ebenfalls die Verarbeitung der persönlichen Daten erläutert.

Das KIT bspw. bemühe sich, um datenschutzgerechte Lösungen für die Online-Lehre bereit zu stellen. Die Studierenden haben dabei aber die Möglichkeit selbst entscheiden zu können, ob sie diese cloudbasierten Dienste in Anspruch nehmen oder nicht – eine Nicht-Inanspruchnahme  wird – den aktuellen Beschlüssen der Kultusministerkonferenz folgend – nicht sanktioniert.

Das KIT habe zudem einen Auftragsdatenverarbeitungsvertrag (AV-Vertrag) für den Einsatz von Zoom abgeschlossen, welcher aufgrund der Forderungen des KIT angepasst worden sei. Damit ist es gelungen, den Passus zur Möglichkeit der Weitergabe personenbezogener Daten datenschutzkonform auszugestalten. Zusätzlich wurden Einstellungen und Empfehlungen für einen datensparsamen Einsatz umgesetzt. So können Studierende:

  • an Sitzungen auch ohne Freischaltung ihres Mikrofons oder ihrer Webcam teilnehmen
  • auf die Angabe des Klarnamens verzichten

Die Studierenden können sich bei Fragen zur Nutzung an das Steinbuch Centre for Computing (Rechenzentrum) sowie das Zentrum für Mediales Lernen (ZML) des KIT wenden.

Wie die digitalen Maßnahmen von den Studierenden aufgenommen werden

Durch die unterschiedlichen Möglichkeiten der digitalen Wege, „sind auch unterschiedliche Gemengelagen zu verzeichnen“, beschreibt Angelika Beranek. Viele Studierende seien voll digital dabei, andere hingegen seien mit den sozialen Einrichtungen – bedingt durch bspw. Praktika in Krankenhäusern oder Seniorenheimen – voll ausgelastet. Auch an der WU Wien bekomme man durchweg positives Feedback, was sich auch auf den immensen Anstieg der Zugriffszahlen und Traffic schließen lässt. Ebenfalls werden die über 500 digitalen Lehrformate der TU Bergakademie Freiberg sehr gut von den Studierenden angenommen, bestätigt uns Frau Rischer. Auch die Studierenden des KIT zeigen Verständnis dafür, dass im jetzigen Semester vieles anders sein werde. Man sei am KIT aber zuversichtlich, dass dank des guten Miteinanders ein erheblicher Studienfortschritt gelingen werde, so Frau Lehné.

Welche digitalen Maßnahmen und Kommunikationswerkzeuge sich letztendlich durchsetzen bleibe abzuwarten. Der stetige Austausch mit den Studierenden sei hier der Schlüssel und der Weg zum idealen Werkzeug, um den Bedarf gut abzudecken, beschreibt Frau Beranek. Auch an der ETH berichtet Herr Kortemeyer von einem überwältigenden positiven Feedback der Studierenden. Anhang von Surveys werde stetig Rücksprache gehalten, um detailliertes Feedback zu erhalten. Generell waren also technische Einrichtungen früh und schnell für den Umstieg gewappnet und die technologische Herausforderung wurde akzeptiert und angegangen.

Prüfungen und Hausarbeiten in Zeiten von Corona

Derzeit haben die Studierenden der Hochschule München nichts zu befürchten, da das Semester offiziell erst am 20.4 startete. Zu diesem Zeitpunkt können dann auch Prüfungen abgenommen werden. Bei anhaltender Einschränkung oder Schließung von Universitäten oder Hochschulen sollen aber dennoch Prüfungen stattfinden. Testate und Prüfungen laufen derzeit digital weiter, was durch die modernen Systeme – auch aus datenschutzrechtlicher Sicht – unproblematisch sei und Studierende so gut betreut werden könnten.

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Prüfungen und Projektarbeit / pixabay

An der ETH Zürich finden dennoch Projektarbeiten und mündliche Prüfungen nach festgesetzten Regeln über Zoom statt. Derzeit teste man für die Semesterendprüfungen Lösungen mit Randomisierung und Online Proctoring. Die Randomisierung sorgt dafür, dass die Studierenden verschiedene – im Zufallsprinzip erstellte – Aufgaben erhalten. Dies soll dafür sorgen, dass die Kommunikation der Lösungen erschwert wird. Zusätzlich könne durch das Online-Proctoring – bspw. in Form von Zoom, Browser Plugins oder externe Mitarbeiter – den Studierenden bei der Arbeit zugeschaut werden. Herr Kortemeyer betont aber, dass dass die ETH überzeugt sei, dass die Studierenden ehrlich handeln. Praktische Aufgaben wie z. B. experimentelle Arbeiten, für die ein Labor notwendig ist, bleiben derzeit aus und finden lediglich über Datenanalysen statt. Das höchste Ziel sei, dass die Studierenden kein Semester verlieren, fügt Herr Kortemeyer abschließend hinzu.

Die Wirtschaftsuniversität Wien geht hier noch einen Schritt weiter. „Wir sind derzeit in einer intensiven Testphase und werden von vielen Universitäten kontaktiert, weil wir eine der wenigen sind, die große Prüfungen mit in Summe bis zu 5.000 Prüfungsantritten pro Tag online durchführen werden“, erklärt Frau Hanappi-Egger. Derzeit finden sogar bereits Zwischenprüfungen statt, die über verschiedene Wege realisiert werden:

  • Remote Take Home Exam: Schriftliche Arbeiten werden in einem vorgegebenen Zeitrahmen (z. B. zwei Tage) erledigt und dann abgegeben.
  • Schriftliche Prüfungen: Auf der eigenen WU Lernplattform finden z. B. Multiple-Choice-Tests statt, die durch eine Online-Prüfungsaufsicht geprüft werden können oder z. B. Open Book Exams, bei denen alle Unterlagen verwendet werden dürfen und 90 Minuten Zeit sind.
  • Mündliche Prüfungen: Werden über Microsoft Teams umgesetzt. Auch hier wird natürlich vorausgesetzt, dass der Studierende über die nötigen, technischen Mittel verfügt.

Am KIT ist es, gemäß der aktuellen Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg, seit dem 20.04. wieder möglich, mündliche Prüfungen durchzuführen, sofern die Regelungen des Infektionsschutzes eingehalten werden. So dürfen aufgrund der Verordnung nicht mehr als fünf Personen anwesend sein. In besonderen Fällen wird es weiterhin möglich sein, mündliche Prüfungen per Videokonferenz durchzuführen. Die Bearbeitungszeiten für Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten sowie Haus- oder Seminararbeiten sei für die Dauer der Aussetzung des Studienbetriebs verlängert worden.

Wie die Studierenden während der Corona-Phase betreut werden

Der erste Ansprechpartner für Studierende der ETH bei Fragen zum Lehrstoff sind immer die Lehrenden. Auch an der Hochschule München findet laut Frau Beranek über den jeweiligen Dozenten der Studierenden statt. Diese bedienen sich an den bereits erwähnten digitalen Maßnahmen. Die Studiendekanin berichtete außerdem, dass sie „am Tag bis zu 250 E-Mails erhält, die beantwortet werden müssen“. Zusätzlich finden zeitgleich Onlinesprechstunden und -vorlesungen – meist über Webex – statt. Auch die Diskussionsforen müssten betreut, sowie Videos und Podcasts erstellt werden. Dadurch enstehe den Lehrenden doppelter Aufwand, da diese größtenteils von einem „analogen Semester“ ausgingen und es entsprechend auch so vorbereitet haben.

Die Informationen zu den Online-Vorlesungen erhalten die Studierenden ebenfalls über Moodle oder per Mail. Die Teilnahme sei freiwillig, da das Lehrmaterial im Anschluss ebenfalls online zur Verfügung gestellt wird. Nicht jeder kann nämlich an den Onlinesprechstunden teilnehmen auf Grund von Kinderbetreuung, mangelnder digitaler Kenntnisse oder zu geringer Rechen- bzw. Internetleistung.

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Betreuung der Studierenden / pixabay

Für andere Probleme habe die ETH Zürich ein vielfältiges Beratungs- und Coaching-Programm etabliert, das Studierende nutzen können. Für Notfälle wurde sogar eine telefonische Corona-Hotline eingerichtet, fügt Kortemeyer hinzu. An der WU Wien wurde ebenfalls ein Berater-Team für die Studierenden bereitgestellt, beschreibt Edeltraud Hanappi-Egger: „Uns ist natürlich bewusst, dass alles Online zu erledigen für Studierende auch anstrengend sein kann, immer auch abhängig von Lebensumständen und technischen Möglichkeiten. Wir haben daher ein Counselling Team, das Studierende hier unterstützt.“ Des Weiteren finde die Betreuung weiterhin über den elektronischen Weg mittels Microsoft Teams, Skype, E-Mail oder Live-Chat statt. Die TU Bergakademie Freiberg gewährleistet ebenfalls die Erreichbarkeit über die erwähnten Methoden.

Am KIT werden die Studierenden ebenfalls von den Dozenten betreut, die sie auch in einem Semester mit Präsenzveranstaltungen betreut hätten. Dazu werden neben den Online-Diensten des KIT und E-Mails, auch das Lernmanagement ILIAS sowie die genannten cloudbasierten Dienste genutzt.

Wie es um die Finanzen steht

Studierende zahlen weiterhin die Studiengebühren, da das Studium bzw. die Ausbildung weiterhin fortgeführt wird und die Studierenden Lernmaterial über die bereits erwähnten digitalen Wege erhalten. Nicht privatisierte Einrichtungen werden ohnehin vom jeweiligen Land finanziert und haben – so lange diese keine Kürzung verkündigen – nichts zu befürchten. In Österreich bspw. fallen keine Studiengebühren an. Die Finanzierung des Studiums dürfte sich für einige Studierende aber derzeit als schwierig erweisen, da viele Studenten einen Nebenjob in geschlossenen Geschäften haben, um Wohnungen oder WGs zahlen zu können. Aus diesem Grund habe zunächst das Land Hessen einen Zuschuss von 200€ für Studierende geplant, um zumindest einen kleinen Ausgleich zu schaffen, bis andere Alternativen gefunden wären.

Wie es nach der überstandenen Corona-Krise für Bildungseinrichtungen weiter geht

Die Corona-Krise hat alle Bildungseinrichtungen dazu gezwungen nun digital und online arbeiten und lehren zu müssen. Die hier gezeigten Methoden werden in aller Voraussicht teilweise beibehalten werden. Schließlich sind nun alle Mitarbeiter der Einrichtungen dazu gezwungen worden, diese Onlinesysteme zu nutzen. Dies führt früher oder später dazu, dass diese auch vermehrt genutzt werden. Dies bestätigt Herr Kortemeyer ebenfalls. Die jetzt für die Lehre gefundenen Lösungen würden nun den Lehrbetrieb dauerhaft verändern. Lehrende und Studierende seien „auf den Geschmack gekommen“.

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Coronavirus als Chance für Neues? / pixabay

Auch Mischformen aus den neu erworbenen Erfahrungen und Maßnahmen seien im Gespräch, doch wie das genau aussehen werde, sei noch unklar, da man täglich weiter dazu lerne. Diese Aussage unterstützt auch Frau Hanappi-Egger der WU Wien. Man werde dort die bislang genutzten Methoden und Maßnahmen intensiv prüfen und vernünftige Tools weiterhin nutzen. Sie fügt aber auch hinzu, dass eine Universität vom Austausch mit- und untereinander lebe sowie mit der Diskussion vor Ort – die Wirtschaftsuniversität Wien sei keine Fernuniversität und möchte auch keine werden.

Nicht nur für Bildungseinrichtungen stellt die Phase des Coronavirus auch neue Chance dar. Durch die nun gezwungene Umstellung auf digitales Arbeiten könnten nun neue Möglichkeiten in der Lernmethodik entdeckt und effektiver genutzt werden. Die TU Bergakademie Freiberg bezeichnet die Digitalisierung der Lehre als „einen wichtigen Grundpfeiler, den wir natürlich auch nach der Corona-Krise weiter ausbauen und nutzen wollen und werden“.

Abschließende Worte und Danksagung

Zunächst möchten wir unserem Redakteur Ing. Joern Kahn (B. Sc.) für diesen ausführlichen Artikel und die Recherche mit den Interviewpartnern danken. Ebenfalls danken wir natürlich allen Universitäten, Hochschulen und deren Mitarbeitern, Dozenten und Rektoren, die sich die Zeit für unsere Fragen genommen haben: Angelika Beranek (Hochschule München), Gerd Kortemeyer (ETH Zürich), Edeltraud Hanappi-Egger (Wirtschaftsuniversität Wien), Luisa Rischer (TU Bergakademie Freiberg) und Margarete Lehné (Karlsruher Institut für Technologie).

Generell haben alle befragten Bildungseinrichtungen die Digitalisierung – bedingt durch die Corona-Krise – gut meistern können. Viele Universitäten und Hochschulen haben sich mit den neuen Umständen angefreundet und schließen nicht aus, die neuen digitalen Lehrmethoden auch in Zukunft weiter zu nutzen. Auch eine Mischform könnte bei vielen Bildungseinrichtungen in Frage kommen. Der stetige Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden ist sehr wichtig und durch Feedback können die genutzten Lehrmethoden weiter angepasst und optimiert werden.

Sollten Ihnen als Leser dieses ausführlichen Artikels noch weitere Fragen aufgekommen sein, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren. Wir werden diese gerne an die zuständigen Interviewpartner weiterleiten und den Artikel erweitern oder ergänzen.

Fußnoten

  1. [1] Schüler und Schülerinnen…
  2. [2] Studenten und Studentinnen…

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